„Vermögende Privatpersonen investieren zunehmend in Start-ups“

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Stefan Kyora

03.10.2016
Christian Winkler b-tov

Christian Winkler hat unter anderem im Private Banking der Credit Suisse gearbeitet und wechselte dieses Jahr zum Investorennetzwerk und Risikokapitalinvestor b to v. Wir haben ihn nach Investmentvorlieben von wohlhabenden Privatpersonen, Tipps für geldsuchende Startups und seinen eigenen unternehmerischen Aktivitäten gefragt.

Herr Winkler, Sie haben im Private Banking gearbeitet. Nimmt das Interesse solcher wohlhabenden Personen an Investment in Startups zu? Und gilt dies auch für die Schweiz?
Die kurze Antwort lautet in beiden Fällen eindeutig: Ja! Wer sich intensiver mit der Entwicklung beschäftigt, stellt tatsächlich fest, dass das Interesse von vermögenden Unternehmern, Führungskräften und Familien an Frühphasen-Investments in Start-ups leicht zunimmt. Vor dem Hintergrund des niedrigen Zinsumfeldes und angesichts der Rendite-Erwartungen eines klassischen Portfolio-Anlegers verwundert das nicht. Diese Anleger kalkulieren durchaus ein gewisses Mass an Risikoanlage, schließlich dürfen sie im Gegenzug auch eine gute Rendite erwarten und entsprechend am möglichen Firmenerfolg beteiligt werden. Studien unterstreichen, dass, zum Beispiel bei Family Offices, der Investmentanteil an nicht-liquiden Anlagen zurzeit stetig erhöht wird.

Schließlich ist auch die Möglichkeit, eigene «Intelligenz» und langjährige Erfahrung in ein spannendes Thema und ein engagiertes Gründerteam einzubringen, von großem Interesse. Insbesondere ehemalige und aktive Unternehmer, welche die Herausforderungen von Gründern aus eigener Erfahrung gut kennen, sind daran interessiert, sich einzubringen, zu helfen und Start-ups voranzubringen. Dies gilt in besonderem Maße für die Schweiz, die von einer starken und soliden unternehmerischen Geschichte geprägt ist. Aus meiner ganz persönlichen Erfahrung umfasst dies sowohl das „Land“ als auch die „Leute“.

Wie groß ist das Potenzial in Sachen Business Angels noch?
Die Geldanlage in Start-ups ist ein Lernprozess, genauso wie es auch ein Lernprozess ist, in Aktien oder andere Anlageklassen zu investieren. Jede Herausforderung braucht eine gewisse Erfahrung und idealerweise auch die entsprechende Ausbildung. Ein Umdenken in Richtung mehr Business-Angel-Engagement und mehr Start-up-Investments findet bereits statt. Es gibt zahlreiche gute Venture Capital und Business-Angel-Netzwerke mit sinnvollen Akademien und Fortbildungen.

Der Anteil von Business Angels ist in Europa immer noch deutlich geringer als zum Beispiel in den USA oder in Israel. Es gibt also in der DACH-Region noch Potential nach oben.

Welche persönlichen Learnings aus Ihrer Erfahrung im Bereich Private Banking können Sie an Startups weitergeben?
Spontan fallen mir drei Dinge ein: 1. Vorbereitung, 2. Vorbereitung und 3. Vorbereitung. Treffen mit anspruchsvollen Kunden müssen gut präpariert werden, um einen Mehrwert für alle am Tisch zu liefern. In diesem Sinne sollten sich gerade Start-ups in der Finanzierungssuche gründlich informieren und professionell aufstellen.

Was für Startups finden Sie faszinierend?
Zum einen finde ich «Sharing Modelle» enorm spannend, da ich hier ein großes Potential für unser Zusammenleben und zahlreiche Industrien sehe. Zum anderen finde ich «Medtech» Firmen vielversprechend, allein schon aufgrund der hohen Komplexität der individuellen Cases und des immer größer werdenden realen Einflusses auf unser persönliches Leben und unsere Gesundheit.

VCs sagen häufig, das Wichtigste an einem Startup sei ein gutes Team – und auch Sie haben soeben auf den Wert eines guten, sich vertrauenden Teams abgestellt. Aber wie evaluieren Sie und b-to-v Startup-Teams? Gibt es dafür einen systematischen Prozess?

Wir screenen bei b-to-v Start-ups nach einer Systematik aus acht Punkten durch. Diese werden auch in unseren Akademien vermittelt. Ein zentraler dieser acht Punkte heißt «Team». Hier setzt b-to-v den gesunden Menschenverstand, Erfahrung sowie eine Software basierte Verhaltens-Profil-Analyse einer externen Firma ein. Bei der Team-Evaluation geht es im Grunde um zwei Aspekte: Zum einen «rationale Aspekte» wie Wissen, Ziele, Motivation, Passion und Fähigkeiten und zum anderen «emotionale Aspekte» wie Bauchgefühl, Menschenkenntnis, Auftritt des Teams und Atmosphäre im Team.

Nebst aller Systematik in der Teambewertung, gibt es sicherlich nicht nur die eine Wahrheit. Ein Team, das gestern noch wenig harmonisch, kompetent und unsicher aufgetreten ist, kann sich schon am nächsten Tag mit mehr Schlaf, strahlendem Sonnenschein und gehobener Stimmung so kompetent präsentieren, dass es lukrative Angebote neuer Investorengruppen erhält.

Das trifft übrigens genauso auch auf Venture Capital im Allgemeinen zu, mit Bezug auf ein vermeintlich weniger attraktives Venture gibt es nicht die eine Wahrheit; bei einem nächsten Pitch oder einem erreichten Meilenstein kann es wieder glänzen und im besten Licht erscheinen.

Warum sind Sie von einer Großbank zu einem Risikokapitalgeber gewechselt?
Die Venture Capital- und Risikokapitalgeber-Welt bietet die beinahe einmalige Chance, tagtäglich mit sehr spannenden Investoren in außergewöhnlich innovative Unternehmen zu investieren. Das ist andauernderes Lernen und ununterbrochene Weiterentwicklung in Zusammenarbeit mit erfahrenen Investoren und Köpfen, die mich jeden Tag auf’s neue motivieren und anspornen.

“Do not grow old, no matter how long you live. Never cease to stand like curious children before the great mystery into which we were born“. Einstein beschreibt hier eine Lebensart, die mich schon immer geprägt hat. Ich bin überzeugt, dass Neugierde und eine ausnahmslos offene Haltung – so wie es Kinder an den Tag legen – die bis heute effektivsten menschlichen Motivatoren sind. Neugierde motiviert Unternehmer, neue Wege in ihren jeweiligen Vorhaben zu finden und führt sie in ihrem Entscheidungsfindungsprozess. In «wilden» und unangenehmen Zeiten sind neugierige Unternehmer mehr dazu geneigt, neue Wege oder originelle Lösungen zu finden. Bei b-to-v darf ich in die Neugierde unserer Partner investieren – und dabei meine eigene Neugierde zum Beruf machen.

Waren Sie selbst schon unternehmerisch tätig?
Eine Buchungs-Plattform für Motorboote und Segelboote habe ich mitgegründet. Es handelt sich um ein Angebot für Mieter, Bootseigner und Skipper. Ebenfalls habe ich mich als Berater in einem New Yorker Start-up im Bereich Green Roofing, in der Strukturierung der Finanzierung und des Fundraisings engagiert.

Was genau sind Ihre Aufgaben bei b-to-v Partners AG?
Ich bin Investment Manager bei b-to-v, seit August 2016. Das heißt, ich kümmere mich um die Kontakte zu b-to-v Investoren und arbeite an der Prüfung, Strukturierung und Begleitung von Investments. Mit anderen Worten lautet eine der zentralen Fragen: Welches Start-up-Investment passt gut zu welchem Investor? Darüber hinaus halte und begleite ich Vorträge bei b-to-v-Veranstaltungen und in Akademien zum Thema Venture Capital-Investments.

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