Eine Mini-GmbH soll den Weg zur digitalen Gründung ebnen

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08.09.2021
Symbolbild Digitalisierung
Bei der Gründung von Kapitalgesellschaften bremsen die Vorschriften zum Gründungskapital und zur öffentlichen Beurkundung die Digitalisierung. Avenir Suisse schlägt deswegen die Einführung einer digitalen Mini-GmbH vor, die ohne Vorschriften zum Gründungskapital und ohne öffentliche Beurkundung auskommt. So könnten Gründer einfacher starten und Erfahrungen mit der Digitalisierung gesammelt werden.

Die Schweiz schneidet in diversen internationalen Rankings zum Digitalisierungsgrad der Verwaltungen schlecht ab. Immer noch müssen Unternehmer regelmässig bei den Behörden persönlich vorstellig werden: Alleine der Ein- und Austritt von Firmen in den Markt führt zu über 70‘000 Behördengängen jedes Jahr.

Die Forderung nach mehr Digitalisierung ist in der Theorie unbestritten. Im Jahr 2008 trat sogar eine vollständig revidierte Handelsregisterverordnung in Kraft, die erstmals nicht mehr von Papier als Grundmedium ausgeht, sondern von elektronischen Daten und Schnittstellen. Mit einer Übergangsfrist von fünf Jahren sollte auf eine rein elektronische Führung des Handelsregisters umgestellt werden. Doch in der Praxis halten sich überholte Anforderungen und analoge Prozesse gegenseitig am Leben, so die beiden Studienautoren Jürg Müller und Basil Ammann von Avenir Suisse.

Um in Sachen Digitalisierung weiter zu kommen, schlagen Ammann und Müller eine neue Rechtsform für Unternehmen vor: Die «digitale Mini-GmbH». Diese soll sich in den Grundzügen an der der GmbH orientieren, jedoch mit drei formalen Erleichterungen. Wegfallen sollen die Vorschriften zum Gründungskapital und die öffentliche Beurkundung. Zudem sollen die Identitätsprüfung und die Interaktion mit den Behörden wie etwa die Handelsregisteranmeldung auf elektronischem Weg ermöglicht werden. Die Mini GmbH soll vor allem bei Gründungen zum Einsatz kommen und unkompliziert in eine «normale» GmbH oder AG umgewandelt werden können. Die konsequente Digitalisierung aller Prozesse ermögliche mehr Transparenz und spare Kosten, sind sich die Autoren sicher.

Die Vorschriften zum Gründungskapital und zur öffentlichen Beurkundung sollten eigentlich zum Gläubigerschutz und zum Vertrauen im Geschäftsverkehr beitragen. Die Studienautoren halten indes fest, dass etwa das Gründerkapital in der Praxis für die Entscheidungsträger kaum relevant sei. Auch international setze sich diese Ansicht durch: Während 2004 noch 124 Länder ein festgelegtes Mindestkapital bei der Unternehmensgründung vorschrieben, hat sich diese Zahl gemäss Weltbank-Daten bis 2019 halbiert.

Auf politischer Ebene sind die Realisierungschancen für diese Ideen schwierig abzuschätzen. Dieses Jahr brachte Andri Silberschmidt im Nationalrat eine Motion zur Möglichkeit der durchgehend digitalen Gründung ein, die vom Bundesrat zur Annahme empfohlen und vom Nationalrat angenommen wurde. Noch 2019 hatte allerdings das Parlament die vom Bundesrat im Rahmen der Aktienrechtsrevision vorgeschlagene Abschaffung der öffentlichen Beurkundung in einfachen Fällen, also etwa für Startups abgelehnt. Die Herausforderung der öffentlichen Beurkundung zu umgehen, könnte einen eleganten Ausweg darstellen.

Die gesamte Analyse kann auf der Webseite von Avenir Suisse heruntergeladen werden

(Press release / FR /SK)

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