Coronakrise führt zu Trendumkehr bei Crowdfunding

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03.06.2020
Analyse

Im vergangenen Jahr konnte Crowdlending stark zulegen, während die Vorfinanzierung von neuen Produkten und kreativen Projekten über Schweizer Plattformen stagnierte. In der Coronakrise jedoch drehten beide Trends. KMU nahmen weniger Kredite in Anspruch. Gleichzeitig wurden viele spezielle Unterstützungsangebote lanciert, die das Crowdsupporting neu belebten.  

Im Jahr 2019 erreichte das Volumen im Crowdfunding-Markt ein weiteres Mal einen Rekordwert, wie der siebte Crowdfunding-Monitor der Hochschule Luzern zeigt. So wurden über Schweizer Crowdfunding-Plattformen Projekte im Umfang von 597.1 Millionen Franken finanziert. Gegenüber dem Vorjahr stieg das Volumen um 15.6 Prozent. Mittlerweile gibt es in der Schweiz 39 aktive Plattformen.

Crowdlending floriert

Im Vergleich zu den beiden Vorjahren nahm im Jahr 2019 die Wachstumsgeschwindigkeit der Crowdfunding-Volumen in der Schweiz ab. Abhängig von der einzelnen Form des Crowdfundings waren die Entwicklungen aber sehr unterschiedlich. Im Bereich Crowdlending wurden Kredite im Umfang von 418.4 Millionen Franken (+59.8%) finanziert. Vor allem hypothekarisch gedeckte Kredite haben zu diesem erfreulichen Wachstum beigetragen. Im Crowdinvesting erreichten die Investitionen hingegen nur noch 154.1 Millionen Franken (-24.8%).

Der Aufschwung beim Crowdlending verdankt sich vor allem professionellen Investoren. Privatpersonen haben dagegen in diesen Bereichen relativ gesehen an Bedeutung verloren.

Vorfinanzierung von Projekten stagniert

Beim Crowdsupporting/Crowddonating wurden Projekte mit über 24.6 Millionen Franken unterstützt (- 4.0%, siehe Grafik). Per Crowdsupporting werden meist kreative und kulturelle Projekte finanziert, zum Teil auch von Startups. Die Investoren beteiligen sich an der Vorfinanzierung eines Produkts oder eines künstlerischen Werks oder eine Dienstleistung. Die Stagnation dürfte auch damit zusammenhängen, dass für besonders ambitionierte Kampagnen weiterhin internationale Plattformen gewählt werden. So führte das Tessiner Startup I’m back eine Kampagne die rund 500'000 US-Dollar einbrachte auf Kickstarter durch.

Crowdfunding Statistik

COVID-19 bringt Trendumkehr

Neuen Schwung in den Unterstützungsgedanken des Crowdfundings könnte die COVID-19- Krise bringen. Besonders beim Crowdsupporting und Crowddonating ist in der aktuellen Situation viel Bewegung im Markt festzustellen. Einerseits haben bestehende Crowdfunding- Plattformen spezielle Initiativen gestartet, um KMU und selbstständig Erwerbende zu unterstützen. Andererseits sind in den letzten Monaten auch über 40 temporäre Online- Plattformen entstanden, über die vor allem Gutscheine für lokale KMU verkauft wurden. «Es ist denkbar, dass unter den Geldgebern auf solchen Plattformen auch viele Personen sind, die zum ersten Mal ein Unternehmen oder ein Projekt online unterstützen. Das könnte langfristig positive Effekte haben», sagt Simon Amrein, Studienautor und Dozent an der Hochschule Luzern.

Staatlich abgesicherte Kredite statt Crowdlending

Etwas anders sieht es während der Coronakrise bei der Finanzierung von KMU über Kredite, dem sogenannten Crowdlending, aus. Vor allem im Bereich des Business-Crowdlendings ist ein temporärer Rückgang bei der Nachfrage nach Krediten unter einem Volumen von 500'000 Franken feststellbar. «Hintergrund dieser Entwicklung ist unter anderem wohl auch, dass KMU seit Ende März bei Banken einen vom Bund abgesicherten COVID-19-Kredit bis 500'000 Franken zinslos und praktisch ohne Prüfung von den Banken erhalten», sagt Andreas Dietrich, Studienautor und Professor an der Hochschule Luzern. Insgesamt erwarten die Studienautoren aber, dass Crowdlending-Plattformen in der zweiten Jahreshälfte wieder stärker zum Zug kommen werden, weil einige KMU wohl bald zusätzliche Mittel benötigen, wenn die Krise länger anhält.

Wachstum wird weiter anhalten

Die Wachstumsquoten des Schweizer Crowdfunding-Markts im Jahr 2019 waren positiv, lagen aber etwas unter den Erwartungen. Für das Jahr 2020 gehen die Studienautoren davon aus, dass das Gesamtvolumen erneut im eher tiefen zweistelligen Prozentbereich wachsen wird. Insgesamt rechnen sie mit einem Volumen zwischen CHF 700 und 900 Millionen für den Crowdfunding-Markt Schweiz 2020. Das Wachstum wird in erster Linie getrieben vom Real- Estate-Crowdinvesting und vom Crowdlending.

Der Crowdfunding-Monitor kann auf der Webseite der Hochschule Luzern heruntergeladen werden.

(Press release / SK)

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