„Startup-Projekte haben immer dieselben Schwächen“

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26.06.2015

Roberto Poretti leitet den Tessiner Inkubator CP Start-up seit der Gründung vor über zehn Jahren. Diese Woche wurde er von der W.A. de Vigier Stiftung als Supporter of the Year geehrt. Im Interview spricht er über das Angebot des Inkubators, die steigende Nachfrage und die Schwächen von Startups.

Herr Poretti, das Tessin gilt nicht als Startup Hochburg. Wie viele Bewerbungen bekommt CP Startup pro Jahr?

Die Zahlen sind seit unserem Start vor zehn Jahren deutlich gestiegen. Im ersten Jahr waren es 27 Anträge, 2014 waren es 94. Insgesamt haben sich knapp 600 Teams bei uns beworben, von denen wir nur die besten zehn Prozent aufgenommen haben.

Woher kommen die Teams? Wer kann sich bei CP Startup bewerben?

Zunächst einmal sind wir für Spin-offs der Tessiner Universität und der regionalen Fachhochschule SUPSI da. Dann können sich Gründer bewerben, die an anderen Schweizer Hochschulen studiert haben, und nun im Tessin ihr Startup aufbauen wollen. Die dritte Gruppe sind Tessiner, die nach einem Auslandsaufenthalt wieder zurückkommen. Und prinzipiell ist es auch möglich, dass wir ausländische Bewerber aufnehmen. Dabei sind wir allerdings sehr selektiv.

Was bieten Sie Startups genau an?

Unser Prozess ist in mehrere Phasen unterteilt. Die Bewerbungen müssen eine erste Überprüfung überstehen, um in die Phase „Candidacy“ zu gelangen. Hier werden sie dann von einem Coach unterstützt. Wir überprüfen gleichzeitig, ob sich das Projekt weiterentwickelt und ob wir es weiter unterstützen wollen, oder ob andere Programme geeigneter sind. Unterstützen wird das Projekt weiter, kommt es in die so genannte Vor-Inkubations-Phase und kann den Open Space in unserem Inkubator nutzen. Um definitiv in den Inkubator aufgenommen zu werden, muss das Startup vor unserer Expertenkommission bestehen. Ist dies der Fall bieten wir nicht nur ein kostenloses Büro hier in unserem Inkubator, sondern auch umfassendes Consulting. Hinzu kommen zum Beispiel Marktstudien von Studenten der Universität und dann aktivieren wir natürlich auch unser Netzwerk etwa zu Investoren.

Welche Firmen sind Ihre Vorzeigebeispiele?

Grundsätzlich muss man bedenken, dass nicht nur unser Inkubator, sondern auch die Startup-Szene im Tessin noch jung ist. Als wir 2004 gestartet sind, gab es im Kanton keine Unterstützungsangebote für Gründer und die Universität war noch nicht einmal zehn Jahre alt. Wir haben aber dennoch mehrere erfolgreiche Firmen gefördert wie Newscron, Swiss Medendi, Designergy, SwissLeg, die alle übrigens auch wichtige Startup-Preise gewonnen haben. Weitere Beispiele sind das global tätige Social Enterprise Seed oder die Marketing- und Kommunikationsagentur Your Interface mit Niederlassungen in Genf und Kopenhagen.

Sie coachen Jungunternehmen seit über zehn Jahren. Haben sich die Bedürfnisse der Gründer in dieser Zeit geändert?

Nein, im Grunde genommen nicht. Startup-Projekte haben immer dieselben Schwächen. Grundsätzlich stehen beim Coaching seit zehn Jahren deswegen auch dieselben Themen im Mittelpunkt. Zum einen wollen Gründer am Anfang immer viele Dinge gleichzeitig anbieten. Im Coaching unterstützen wir sie dabei, sich zu fokussieren. Und dann werden die Startups nach wie vor von Technikern ohne Management- und Marketing-Kenntnisse gegründet. Marketing ist denn auch ein Schwerpunkt unseres Angebots.

Und gab es Veränderungen bei den Gründern selbst?

Ja. Hier haben wir in den vergangenen Jahren eine interessante Entwicklung beobachtet. Zu uns kommen immer mehr Gründer mit einer gewissen Berufserfahrung. Oft haben sie schon lange im Sinn etwas Neues zu realisieren, konnten dies aber bei dem Unternehmen, in dem sie gearbeitet haben, nicht umsetzen. Heute gründen sie dann zunehmend ein eigenes Unternehmen, um ihre Idee Wirklichkeit werden zu lassen.

Apropos Veränderungen: Die Universität Lugano wird in den kommenden Jahren weiter ausgebaut. Was bedeutet dies für CP Start-up?

In Lugano und Mendrisio werden für rund 265 Millionen Franken zwei neue Hochschulzentren gebaut, die ab 2018/2019 ihren Betrieb aufnehmen werden. Die Universität (USI) und die Fachhochschule (SUPSI) werden profitieren und auch enger zusammenrücken. Auf dem neuen Campus in Lugano werden die Fakultät für Informatik der USI und das Departement für Innovative Technologien der SUPSI Tür an Tür arbeiten. In demselben Gebäude des neuen Campus in Lugano wird auch die neue Bio-Medizinische Fakultät untergebracht sein und auch das CP Start-up wird dort Räume bekommen, die deutlich mehr Platz bieten. Wir werden dann bis zu 30 Startups unterbringen können.

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