Offene Worte am Swiss Fintech Day 2017

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Stefan Kyora

05.09.2017
Swiss Fintech Day

Die Schweizer Fintech-Branche ist im Aufwind und geniesst dabei Wohlwollen von Seiten des Bundesrates. Dennoch gibt es zahlreiche Baustellen - und dies nicht nur in der Politik, sondern auch in der Zusammenarbeit zwischen Startups und Grossunternehmen. Sie wurden am Swiss Fintech Day, an dem auch Johann Schneider-Ammann teilnahmen,  intensiv diskutiert.

Vor zwei Wochen besuchten gleich zwei Bundesräte das so genannte Crypto-Valley in und um Zug, zuerst Johann Schneider-Ammann und dann auch noch Ueli Maurer. Und es bleibt nicht beim blossen Interesse. Diese Woche wurde bei der Reise des Finanzministers nach Israel auch eine Vereinbarung über die enge Zusammenarbeit beider Länder im Fintech-Bereich abgeschlossen. Die Vereinbarung bietet einen Rahmen für innovative FinTech-Unternehmen in der Schweiz und in Israel, um erste Kontakte zu knüpfen und sich über regulatorische Anforderungen auszutauschen. Damit sollen regulatorische Unsicherheiten reduziert und der Markteintritt erleichtert werden.

Schneider-Ammann am Swiss Fintech Day
Dies zeigt, dass die Fintech-Szene in Bern durchaus Unterstützung geniesst. Und so nahm auch Bundesrat Johann Schneider-Ammann zum zweiten Mal am Swiss Fintech Day teil, der gestern mit über 200 Gästen im Startup-Space Schlieren über die Bühne ging. Bereits vor offiziellem Programmstart traf sich er im Rahmen einer Innovationstour im sehr kleinen Kreis mit Startups und Innovatoren. Und an einem Kaminfeuergespräch mit Christina Kehl, Geschäftsführerin und Vorstandsmitglied der Swiss Finance Startups (SFS), sprach er nicht nur über aktuelle politische Projekte, sondern auch über seine eigene Erfahrung als Firmengründer im Silicon Valley.

“Die Digitalisierung ist für die Schweiz eine riesige Chance. Aber sie stellt Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft auch vor neue Herausforderungen. Innovation und Unternehmertum werden noch wichtiger – unsere Fintech-Startups sind ganz vorne dabei.”, so Bundesrat Johann N. Schneider-Ammann. “ Veranstaltungen wie der Swiss Fintech Day fördern die Vernetzung und helfen uns zu erkennen, wo der Schuh drückt. Die Politik kann und muss mit stetig verbesserten Rahmenbedingungen zu einer positiven Entwicklung beitragen.”

Forderungen der Startups an den Bundesrat
Doch gleichzeitig wurden auch die Baustellen zum Thema, welche die Startups und der Verband Swiss Finance Startups noch sehen. So präsentierten drei ausgewählte Fintech-Unternehmen – Loanboox, Contovista und Lykke dem Bundesrat nicht nur ihre Erfolgsgeschichten, sondern auch Forderungen. Dazu gehörten eine schweizweite Regelung zur Verhinderung von unbezahlbaren Vermögenssteuern, keine Schaffung von neuen Markteintrittshürden, die Vereinfachung der Regelungen für Mitarbeiterbeteiligungen aber auch eine stärkere Förderung des Startup-Ökosystems und von Organisationen wie dem SFS.

Der Bundesrat zeigte sich recht aufgeschlossen gegenüber den Themen Steuern und Finanzierung. So äusserte er die Absicht die Steuervorlage 17 – das Nachfolgeprojekt der an der Urne gescheiterten Unternehmenssteuerreform III – auf Startup-Kompatibilität zu prüfen. Zudem erklärte er, dass die Arbeiten am geplanten 500 Millionen Fonds im vollen Gang seien.

An einer Panel-Diskussion im Anschluss an den Auftritt des Bundesrates wurden weitere Schwächen in der Rahmenordnung thematisiert. So betonte etwa Johann Gevers von Monetas, dass das Gesellschaftsrecht in der Schweiz zu kompliziert und eine Firmengründung zu teuer sei. Leonteq-CEO Jan Schoch wies daraufhin, dass die Rahmenbedingungen für schnell wachsende Fintech-Unternehmen auch nach Einführung der so genannten Sandbox immer noch nicht ideal seien. Insgesamt war man sich einig, dass die Schweiz Vorreiter-Ländern wie Singapur, Estland oder aber auch Neuseeland weit hinterher hinke. Urs Häusler vom SFS betonte, dass dies aber immerhin insofern ein Vorteil sei, als man bewährte Massnahmen aus diesen Ländern nun einfach kopieren könne.

Schwieriges Verhältnis zu Grossunternehmen
Eine weitere Schwierigkeit, die an der Panel-Diskussion, aber auch vom Keynote-Redner Rino Borini thematisiert wurde, ist die Schwierigkeit, mit Grossunternehmen zusammenzuarbeiten. So zeigte Rino Borini etwa das Steering Comitee von digitalswitzerland, in dem ausser Urs Häusler kein Startup-Gründer sässe. Von mehrere Personen wurde der Verdacht geäussert, dass Grossunternehmen sich gegen junge Fintech-Firmen schützen wollten und kein Interesse daran hätten, die Rahmenbedingungen Fintech-freundlicher zu gestalten.

Neben den Referaten und Podiumsdiskussionen fanden am zweiten Swiss Fintech Day auch Workshops statt. Christina Kehl, Geschäftsführerin und Vorstandsmitglied von SFS: “Ziel war es, den Tag so interaktiv wie möglich zu gestalten. Ob Speaker auf der Bühne oder Zuschauer im Publikum, jeder war eingeladen mitzudenken und mitzudiskutieren. Dies hat wunderbar funktioniert und wurde sehr gut angenommen. In unserem Networkingbereich, dem sogenannten Playground wurden die Agendapunkte weiter besprochen und genau dieser intensive Austausch und Diskurs ist es, was ein modernes Ökosystem voranbringt.”

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