Biointerfaces: Vom Labor auf den Markt

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Stefan Kyora

02.09.2016

Nanotechnologie, Biotechnologie, Digitalisierung – mehrere Technologietrends sorgen für Fortschritte an den Schnittstellen zwischen menschengemachten Produkten und dem Körper. Schweizer Startups sind in dem Gebiet hochaktiv, wie die Tagung Biointerfaces International 2016 in Zürich zeigte.

Die Schnittstelle zwischen organischer und anorganischer Welt beschäftigt nicht nur Wissenschaftler. So wird seit den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts immer wieder über Cyborgs – Menschen mit künstlichen Körperteilen – diskutiert. Das Thema geht allerdings weit über solche populären Ideen hinaus. Auf der organischen Seite der Schnittstelle können zum Beispiel Zellen, Gewebe, Bakterien oder auch organische Flüssigkeiten stehen. Auf der anderen Seite Produkte aus Chemie, Nanotechnologie oder synthetischer Biologie. Aktuelle Beispiele für Produkte an der Schnittstelle von anorganischer und organischer Welt sind etwa im Labor produzierte dreidimensionale Mikroorgane oder auch Nanowerkzeuge, die die gezielte Manipulation einzelner Zellen erlauben.

Neben dem Thema der Schnittstelle ist allen diesen Innovationen gemein, dass sie äusserst interdisziplinär sind. Es braucht Know-how aus der Biologie, Medizin, Engineering und den Materialwissenschaften. Oft kommen weitere Disziplinen wie Informatik oder Sensorik hinzu.

Gemeinsame Fragestellungen und die Notwendigkeit sich auszutauschen, machen Kongresse sinnvoll. So erstaunt es nicht, dass es für das Feld eine eigene Tagung namens „Biointerfaces International“ gibt. Ins Leben gerufen hat sie der Materialwissenschaftler und emeritierte ETH Professor Marcus Textor. Ende August fand die Tagung an der Universität Zürich statt, organisiert vom Nationalen Thematischen Netzwerk (NTN) „Innovative Surfaces“ mit Empa, ETH Zürich, NTN Swiss Biotech, SuSoS, TEDD/ZHAW und Universität Zürich.

Zum ersten Mal fand an der mehrtägigen Konferenz ein ausführlicher Workshop statt, der sich umfassend mit dem Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Spitäler und in die Wirtschaft beschäftigte. „Das Thema ist sehr wissenschaftsgetrieben“, erklärt Dr. Marcos Garcia Pedraza, der Mitglied des Scientific Committee und selber Unternehmer ist, „deswegen finden Innovationen an der Schnittstelle von Wissenschaft, Klinik und Industrie statt, und die Umsetzung in die Praxis verdient Unterstützung.“

Neun ausgewählte Schweizer Startups
Die von rund 480 Teilnehmern besuchte Tagung zeigte indes, dass die Schweiz beim Transfer nicht schlecht da steht. Neun junge Schweizer Firmen stellten ihre Innovationen in Referaten vor: Hylomorph, Simplinext, Haelixa, Insphero, QGel, Versantis, Creoptix, 3Brain und Cytosurge. Hinzu kamen Grossunternehmen wie Roche oder Oerlikon Surface Solutions.

Die Mischung aus bestandenen und jungen Firmen war gewollt. „Das Gebiet ist so komplex, dass es wie geschaffen ist für Kollaborationen“, sagt Marcos Garcia Pedraza. Als Beispiel erwähnt er die von Google und Novartis gemeinsam entwickelte Kontaktlinse, die in einem ersten Schritt den Blutzuckergehalt von Diabetikern ohne Blutprobe messen soll. Solche komplexen Produkte werden heute nicht von einer Firma hergestellt. Vielmehr gibt es zahlreiche hoch spezialisierte Firmen, die einzelne Komponenten liefern.

Viel versprechende Strategien für Startups
Grösseren Firmen Module zu liefern, sei auch für Startups eine viel versprechende Strategie meint Garcia Pedraza. „Startups mit Technologien, die breit einsetzbar sind, müssen sich in der Wertschöpfungskette positionieren und sollten nicht versuchen ein möglich komplexes eigenes Produkt zu realisieren.“ Auch als Zulieferer von patentierten Modulen lässt sich seiner Meinung nach gut Geld verdienen.

Als mögliche Kooperationspartner sieht er dabei nicht nur die ganz grossen Life Sciences Unternehmen, sondern auch global aktive mittelständische Firmen. Aufgrund der Vielfalt des Gebiets gebe es für solche Firmen oft Anknüpfungspunkte. Zusammen mit einem Startup könnten sie dann in Gebiete vorstossen, die sich durch einen geringeren Preisdruck als klassische Industriebereiche auszeichnen. Die Startups auf der anderen Seite könnten von einem finanzstarken Partner profitieren, der sich möglichweise sogar am Jungunternehmen beteiligt.

Den Anlass selbst sieht Garcia Pedraza als Erfolg. Es gibt daher schon erste Überlegungen zu einer weiteren Ausgabe. Dabei könnte das Zielpublikum noch weiter Richtung Transfer auf die Märkte geöffnet werden und zum Beispiel auch Investoren gezielt eingeladen werden. Dass die Schweizer Startups auch eine solche Chance nutzen würden, ist sehr wahrscheinlich. Denn auch an der diesjährigen Biointerfaces Tagung waren sie in Sachen Business sehr aktiv. So generierte das Cytosurge Team an seinem Stand an der Tagung eifrig Leads.

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Cytosurge AG

Haelixa AG

HYLOMORPH AG

Versantis AG

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