Startups und Liquiditätshilfen: Nationalräte haken nach

Please login or
register
24.03.2020
Fragezeichen

Das am Freitag bekannt gegebene Massnahmenpaket des Bundesrates ist weitherum gut aufgenommen worden. Eine genauere Lektüre zeigt jedoch die Gefahr, dass Startups bei der Unterstützung leer ausgehen könnten. Deswegen fordert die Parlamentarische Gruppe Startups und Unternehmertum Anpassungen und einen Pandemiefonds.

Die umfassenden Unterstützungsleitungen, die der Bundesrat vergangene Woche vorgestellt hat und das Tempo, mit dem sie erarbeitet wurden, sind bei Unternehmern auf breite Zustimmung gestossen. Dies nicht zuletzt, weil Forderungen, die aus Unternehmerkreisen immer wieder gestellt worden waren, nun Beachtung gefunden haben. Dies gilt insbesondere für die Ausweitung der Kurzarbeit. Die Kurzarbeitsentschädigung kann neu auch für arbeitgeberähnliche Angestellte ausgerichtet werden. Als arbeitgeberähnliche Angestellte gelten z.B. Gründer einer GmbH, oder Mitinhaber einer AG, welche als Angestellte gegen Entlohnung im Betrieb arbeiten. Zudem wurden die entsprechenden Anträge vereinfacht.

An diesem Punkt wird allerdings kritisiert, dass Mitinhaber von Unternehmen nur eine Pauschale von 3320.- Franken als Kurzarbeitsentschädigung für eine Vollzeitstelle geltend machen können und nicht 80% des vollen Gehalts wie andere Angestellte. Die Ungleichbehandlung ist in der Tat schwer zu verstehen, da auch Mitinhaber die vollen Beträge für die Arbeitslosenversicherung zahlen müssen.

Startups bei Liquiditätshilfen im toten Winkel
Wichtiger sind indes Probleme bei der Liquiditätshilfen. Betroffene Unternehmen sollen rasch und unkompliziert Kreditbeträge bis zu 10% des Umsatzes erhalten. Für Startups, die sich in der Entwicklungsphase befinden und kaum Umsätze erzielen, ist dies kein tauglicher Massstab. Zudem ist fraglich, ob Banken und Bürgschaftsgenossenschaften, die die Kredite bewilligen sollen, das notwendige Know-how in Sachen Startup mitbringen.

Aufgrund dieser Schwierigkeiten haben die Nationalräte Judith Bellaiche und Andri Silberschmidt im Namen der Parlamentarischen Gruppe Startups und Unternehmertum einen zweiten Brief mit Forderungen an den Bundesrat geschrieben, der Startupticker vorliegt. Der erste Brief war vergangene Woche übergeben worden.

Damit auch Startups von den Liquiditätshilfen profitieren können, schlagen Bellaiche und Silberschmidt eine zweigeteilte Unterstützung vor.

  • Überbrückungskredite von bis zu CHF 500'000 stehen auch Unternehmen zur Verfügung, die noch keine repräsentativen Geschäftsergebnisse aufweisen können, wobei, die Kapitalgeber eine minimale Prüfung der Business Pläne vornehmen sollen. Für die Unterstützung qualifiziert sein sollen etwa Startups, die schon Finanzierungsrunden abgeschlossen haben, Träger eines Spin-off Labels sind oder von der Innosuisse gefördert wurden.
  • Für Finanzierungshilfen von über 500‘000 Franken soll ein Pandemiefonds analog zum Technologiefonds geschaffen werden. Der Bund soll dabei Bürgschaften für die vom Fonds gewährten (Wandel-)Darlehen an Schweizer Startups übernehmen. Der Fonds soll breit verankert sein und professionell verwaltet werden. Die Vergabe von Darlehen soll sich an den Grundsätzen von Risikokapitalprüfungen orientieren.

Die Forderungen sind dem Bundesrat bereits übergeben worden. Nun ist abzuwarten, wie sie berücksichtigt und umgesetzt werden und welche Erfahrungen Startups mit dem Hilfspaket in der Praxis machen.

(Stefan Kyora)

3Comments

Thomas Dübendorfer @ 30.03.2020 22:58

Grössere Darlehen in Startups sind bei Investoren in späteren Runden wenig beliebt, weil das neu investierte Geld weiteren Wert schaffen soll und nicht zur Bezahlung von bestehenden Darlehen verwendet werden soll. Da Startups oft bis zum Exit nicht profitabel sind, können sie Darlehen oft nicht aus Einnahmen zurückzahlen. Risikokapital ist daher in aller Regel Eigenkapital. Was als Fördermassnahme für Startups (nicht nur in der Corona-Krise) aus meiner Sicht hilfreich wäre, ist: 1) ein Investment Matching von Angel und VC Investments in akkreditierte Startups durch einen Pandemiefonds (wie das u.a. EIF mit diversen Investment Vehikeln in Europa macht) 2) Steuererleichterung für Angel Investoren in der ganzen Schweiz (analog SEIS in London oder wie im Tessin, wo Angel Investoren ihr Investment von der Steuerrechnung abziehen können), siehe https://www.startupticker.ch/en/news/april-2018/ticino-approves-tax-reductions-for-start-ups-and-business-angels

Nicolas Berg @ 29.03.2020 16:36

Definition Startup: Aufnahme der aktuellen Geschäftstätitgkeit oder Gründung in den letzten  Jahren mit einem Geschäftszweck, der innovativ udn skalierbar erscheint. Als Gütesiegel entweder mindestens zwei externe Investoren die letzten 12 Monate oder ein Gütesiegel (Innosuisse Startup, Innosuisse Grant, M2/M3/M4 Innosuisse Kurs, de Vigier, Venturekick, SEF Award usw.). Definition Ausfall: Aufgabe der Geschäftstätigkeit, Konkurs, Firesale (Verkauf unter Wert aller Investments), im 5. Geschäftsjahr kein 2-stelliges Umsatzwachstum oder relevante wissenschaftlich-technische Meilensteine verpasst. Definition Business Angel: Hat die letzten 12 Monate in mindestens 2 Startups insgesamt mindestens 40'000 CHF investiert. Definition VC Fonds: Hat die letzten 12 Monate mindestens in 4 Startups insgesamt mindestens 500'000 CHF investiert oder mindestens 10 Mio. CHF von Investoren eingesammelt. 

Nicolas Berg @ 29.03.2020 16:36

Startups sind bekanntlich beim ersten Wurf des CoV-2-Hilfspakets durch die Maschen gefallen, weil sie in den ersten 2-10 Jahren primär von Business Angels (zu 80-90%), Venture Capital Fonds und Forschungsförderungsgeldern finanziert werden und nicht durch Kundenumsätze.  Wie beim genialen Ansatz des Bundes, den KMU via Bundesgarantien die Liquidität dezentral via Banken mit Kundennähe zuzuführen, muss die Nothilfe an die Startups ebenfalls dezentral via Angel, VC (sowie kantonale Wirtschaftsförderung, Innosuisse, Technologiefonds usw.) zugeführt werden. Diese können das schneller, effizienter und in viel besserer Qualität als ein neuer zentraler Pandemiefonds, weil Angel und VC zu Startups sogar noch mehr Kundennähe aufweisen als Banken zu KMU. Ausbezahlung via Banken oder kantonale Wirtschaftsförderung, was immer die schnellste Methode ist. Mögliche Ausgestaltung: Der Bund garantiert Business Angels und VC Fonds die nächten 5 Jahre rollend für weitere 5 Jahre 60% Ausfallgarantie auf Direktinvestments in Startups. Nach 10 Jahren müssen Investoren, die Ausfälle geltend gemacht haben, den kompletten Return auf ihrem Portfolio deklarieren und falls die beanspruchten Garantiezahlungen über 10% IRR  mit 1% Zins zurückvergüten. 

rss