Endlich: BVG für Selbstständige

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Jost Dubacher

03.12.2015

Selbstständige haben ein Problem mit der beruflichen Vorsorge. Aber nicht, weil sie ihr Pensionskassengeld verjubeln, sondern weil sie kaum einer Sammelstiftung beitreten können. Doch nun zeichnet sich eine Lösung ab: Der Verband Frauenunternehmen.ch (VFU) baut einen branchen- und geschlechterübergreifenden Kollektiv-Anschluss auf.

Schweizweit gibt es rund 600 000 Selbstständige; etwas mehr als die Hälfte von ihnen arbeitet allein,  etwas weniger als die Hälfte beschäftigt Personal. Selbstständigerwerbende stellen damit rund 20 Prozent der Arbeitskräfte in der Schweizer Privatwirtschaft und leisten einen namhaften Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung.

Gemäss eine Studie des Bundes hat sich jeder Vierte bei der Gründung seines Einzelunternehmens sein Pensionskassenguthaben auszahlen lassen und es in den Firmenaufbau gesteckt.  Das will der Bundesrat jetzt im Rahmen einer Revision der Ergänzungsleistungen verbieten; und zwar mit dem ausdrücklichen Ziel, die Altersvorsorge der Selbstständigen zu verbessern und der Altersarmut vorzubeugen. 

Ob diese Massnahme nötig ist, darf mit Blick auf die Zahlen des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) bezweifelt werden:  2014 gingen 32 300 Gesuche um Ergänzungsleistungen (EL) zur Altersversicherung ein; und von diesen stammen nicht einmal 1000 von Selbstständigen, die ihr Freizügigkeitskonto geleert haben.

«Das bundesrätliche  Vorhaben», sagt denn auch Esther-Mirjam de Boer, Präsidentin vom Verband Frauenunternehmen (VFU), «geht an den Bedürfnissen der Betroffenen vorbei». Das wahre Problem der Selbstständigen sei nicht die Auflösung ihres BVG-Guthabens, sondern die Unmöglichkeit, das angesparte Geld beim Eintritt in die Selbstständigkeit in eine neue Vorsorgeversicherung zu transferieren.

Zwar gibt es gewisse Berufsverbände, die Kollektivversicherungen anbieten; ausserdem haben Selbstständige, die Personal beschäftigen, die Möglichkeit, sich der Pensionskasse ihrer Angestellten anzuschliessen. Aber das Gros der Selbstständigen ohne Personal – Berater, Erwachsenenbildner, Broker, Physiotherapeuten, Programmierer und auch freischaffende Gewerbler – bleibt auf die freiwillige Privatvorsorge angewiesen.  

Der Verband Frauenunternehmen  will das nun ändern; und zwar mit einem branchenübergreifenden −  Männern und Frauen offen stehenden − Kollektivanschluss an eine bestehende Sammeleinrichtung. Auch Selbstständige sollen die Möglichkeit haben, die Risiken Alter, Invalidität und Tod im Rahmen der 2. Säule angemessen abzusichern.

Beim VFU hat man deshalb eine «Taskforce Verbandsvorsorgelösung» gebildet.  «Zurzeit stehen wir in Gesprächen mit diversen Sammeleinrichtungen», erklärt die stellvertretende Leiterin Corin Ballhaus. Sie rechnet damit, dass die Verhandlungen bald abgeschlossen sein werden und im zweiten Semester 2016  die entsprechenden Vertragslösungen vorliegen werden.

Der Bedarf ist gemäss VFU gegeben und er werde immer grösser. Dies ganz einfach aufgrund der absehbaren Veränderungen in der Arbeitswelt. Die klassischen Arbeitsverhältnisse sind auf dem Rückzug. Trendforscher gehen davon aus, dass der Anteil der selbstständigen Portfolio-Worker, die projektbezogen für verschiedene Auftraggeber tätig sind, weiter zunehmen wird.

Bild: Kurhan / Fotolia.com

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