„Das kann nicht lange gut gehen“

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Stefan Kyora

24.08.2018
Peter Seitz

Eine neue Studie der Schweizerischen Akademie der technischen Wissenschaften (SATW) zeigt, dass immer weniger Schweizer Unternehmen weltweit neuartige Produkte entwickeln und auf den Markt bringen. Wir haben uns mit Peter Seitz, einem der Studienautoren, über die abnehmende Innovationskraft, die konkreten Schwächen der Schweiz im Vergleich mit Singapur und die Konsequenzen für Startups unterhalten.

Herr Seitz, die Schweiz wird in internationalen Studien immer wieder als Innovationsweltmeister bezeichnet. Wieso kommen Sie zu einem anderen Schluss?

Peter Seitz: Die Ergebnisse unserer Studie haben mich persönlich auch überrascht. Aber wenn man genauer hinschaut, welche Unternehmen in der Schweiz Innovationen lancieren, kann man mehrere besorgniserregende Trends erkennen. Dazu gehört, dass die Zahl der produzierenden Firmen abnimmt und gleichzeitig von den verbliebenen Unternehmen immer weniger in Forschung und Entwicklung investieren. Diejenigen, die investieren, wenden dann mehr auf. Kurz gesagt müssen in Sachen Innovation immer weniger Schultern immer grössere Lasten tragen.

Dies gilt für alle Branchen und alle Unternehmensgrössen?

Ja. Wir haben festgestellt, dass sich eine wachsende Zahl von Unternehmen aus dem Innovationswettbewerb verabschiedet. Sie ruhen sich offenbar auf den Lorbeeren aus oder vermögen nicht mehr, die steigenden F&E-Ausgaben zu finanzieren Das kann nicht lange gut gehen.

Sieht man diese Konzentration der Innovation auch in anderen, ähnlichen Volkswirtschaften?

Das ist eine gute Frage. Leider kann ich sie auf der Grundlage unserer Daten nicht eindeutig beantworten. Da wir aber auch sehr am internationalen Vergleich interessiert waren, haben wir die Schweiz mit einem Minimalset an Einzelindikatoren Singapur und China gegenübergestellt.

Fällt dieser internationale Vergleich auch bedenklich aus?

Nicht im Fall von China, wohl aber bei Singapur. Dort zeigen sich mehrere, konkrete Schwächen der Schweiz. Dazu gehören ganz unterschiedliche Indikatoren wie die Anzahl von Forschern pro Einwohner, das durchschnittliche jährliche Exportwachstum, die Belastung für Zollverfahren aber zum Beispiel auch die durchschnittlich benötigte Zeit, um Verträge rechtlich durchzusetzen.

Sehen Sie in diesen Feldern auch politischen Handlungsbedarf?

Absolut. Ich denke, dass diese Kriterien genau genug formuliert sind, um als Ausgangspunkt für eine Verbesserung der Rahmenbedingen zu dienen.

Letzte Frage: was bedeuten die Ergebnisse für Startups? Verliert die Schweiz als Standort an Attraktivität für junge Technologiefirmen?

Nein, das würde ich nicht so sehen. Ich bin ja selber Mitgründer des Medtech Startups Kenzen. Wir haben uns dafür entschieden, das Marketing und Business Development in San Francisco anzusiedeln und die Entwicklung und das Engineering in der Schweiz. Dies, weil die Schweiz als Engineering-Standort für Medtech schlicht die besseren Bedingungen bietet als das Silicon Valley: Die Schweizer Ingenieure und Wissenschaftler sind hervorragend ausgebildet, sehr produktiv und trotzdem deutlich günstiger als im überhitzten Silicon Valley.

Vergleich Schweiz Singapur:

Vergleich Schweiz Singapur

Die Studie kann kostenlos auf der Webseite der SATW heruntergeladen werden.

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