Spielend zum Startup-Spirit

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13.04.2018
Schach

Kurse, Camps, Inkubatoren: das Bildungsangebot für Startup-Gründer ist breit. Wer als ehemaliger Mitarbeiter eines Grossunternehmens in ein Startup wechselt, der sollte es aber vielleicht am besten mit einer Unternehmenssimulation versuchen.

Erfahrene Mitarbeiter aus Grossunternehmen, die es in Startups zieht, sind ein wichtiges Element von erfolgreichen Startup-Ökosystemen. Mit ihrer Erfahrung und ihren Netzwerken können sie den Aufbau und die Skalierung eines neuen Unternehmens entscheidend voranbringen. Insofern ist es ein wichtiger Trend, wenn auch in der Schweiz immer mehr Startups Mitarbeiter mit Erfahrung rekrutieren können.

Allerdings unterscheiden sich die Verhältnisse in einem Konzern und in einem Startup grundsätzlich. Die Herangehensweise, beispielsweise an Preis- oder Marktstrategien, die sich in Konzernen bewähren, werden bei einem hoch innovativen, unbekannten, kleinen Unternehmen häufig weniger erfolgreich sein. „Die Mitarbeiter, die aus Grossunternehmen stammen, werden erfahrungsgemäss automatisch versuchen, ihre Erfahrungen zu übertragen“, sagt Rüdiger Petrikowski.

Petrikowski kennt selbst beide Welten, hatte er doch leitende Funktionen bei der Swisscom und PubliGroupe inne und war bis 2014 Group CFO der Publicitas. Seit 2015 ist er bei der Unternehmensberatung Leverage Experts und ausserdem Board Member des Swiss ICT Investors Club SICTIC. Als Mentor, etwa beim Fintech Inkubator F10, ist er auch in der Startup-Gemeinde stark engagiert.

Unter anderem in diesem Inkubator setzt Petrikowski ein Spiel ein. „In diesem Spiel geht es beispielsweise darum, dass die Teilnehmer in vielfältigen Szenarien und Optionen denken müssen, um geeignete Konzepte für exponentielles wirtschaftliches Wachstum zu entwickeln – ohne dabei nur auf das traditionelle Milestone-Konzept festgelegt zu sein“, erklärt Petrikowski. Insbesondere Mitarbeiter mit Erfahrungen aus Grossunternehmen bekommen so einen Eindruck von den Besonderheiten und Bedingungen, die Startups ausmachen. Die wichtigen und konfliktreichen Themen mit einem Spiel zu vermitteln, erscheint zuerst überraschend, doch die Ergebnisse der Lernforschung unterstützen diesen Weg. „Es ist unbestritten, dass bei einem Spiel substantiell mehr bei den Teilnehmern hängenbleibt, als bei Frontalunterricht oder auch einer traditionellen Gruppenarbeit“, sagt Petrikowski.

Das Spiel namens DIG (Discovery, Innovation, Growth) wurde  an der Pariser Management-Kaderschmiede Insead entwickelt. Es ist eine Unternehmenssimulation, bei der drei bis fünf Teilnehmer die Führung eines Unternehmens übernehmen und ein innovatives Produkt auf den Markt bringen müssen. Die Einsichten, die die Teilnehmer dabei in einem halben Tag gewinnen, sind enorm. Es lässt sich viel über die richtige Teamzusammensetzung und die Rollen im Team lernen. So lassen sich etwa Einsichten darüber gewinnen, dass sich Preisstrategien von einem Startup im Vergleich zu einem globalen Marktführer differenzieren. Doch auch bestehende Ähnlichkeiten treten zu Tage.  „Für beide Welten gilt zum Beispiel, dass durch Innovation und gute Kundenbindung ein profitables Wachstum möglich ist“, sagt Petrikowski.

Dass das Spiel wirklich zu Erkenntnissen führt, sieht Petrikowski nicht nur beim Einsatz in Startup-Programmen; dies hat er auch selbst erfahren. Als er die Simulation durchspielte ist ihm vor allem eines klar geworden: „In einem Startup-Team müssen verschiedene Sichtweisen vertreten sein. Es braucht eben nicht nur eher auf die Umsetzung bedachte Charaktere, zum Beispiel Zahlenmenschen wie mich, sondern auch visionäre und kreative Köpfe.“ Gleichzeitig kennt er seitdem einen weiteren Vorteil des Spiels – es macht mehr Spass als jede noch so gute traditionelle Weiterbildung.

(Stefan Kyora)

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