Weniger Venture Capital: Medizintechnik-Unternehmen unter Druck

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25.09.2013

Angesichts entgangener Umsätze von 131 Milliarden US Dollar und weniger Venture Capital müssen Medizintechnik-Unternehmen ihre knappen Ressourcen kreativ einsetzen, um ihr Angebot zu erweitern. Dies das Ergebnis der Studie „Pulse of the industry: medical technology report 2013“ des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens EY.

Heinrich Christen, Leiter Medtech für Europa, Mittlerer Osten, Indien und Afrika (EMEIA) von EY, sieht neue Herausforderungen für die Medizintechnik-Branche: „Innovative Technik allein reicht nicht mehr, um die Kostenträger zu überzeugen. Gefragt sind vielmehr Neuerungen und Verbesserungen, deren Kosteneffizienz und Patientennutzen auch nachweisbar sind.“

Wesentliche Entwicklungen in der Medizintechnik-Branche im Jahr 2012:

  • Umsatzwachstum weiter verhalten: Die Umsätze der börsennotierten Medizintechnik-Unternehmen in den USA und Europa betrugen 2012 insgesamt 339,6 Milliarden US Dollar. Sie stiegen damit gegenüber 2011 um 2 Prozent, blieben aber weit unterhalb der vor der Finanzkrise verzeichneten Wachstumsraten.
  • Weniger Venture Capital: Das zur Verfügung gestellte Venture Capital ging im Zeitraum bis zum 30. Juni 2013 um 21 Prozent auf 3,5 Milliarden US Dollar und damit auf den niedrigsten Stand seit mehr als einem Jahrzehnt zurück. Das Innovationskapital - die für die breite Mehrheit der Unternehmen in der Gründungsphase verfügbaren Mittel - fiel um 11 Prozent.
  • Finanzierung: Das aufgenommene Kapital blieb mit 29,5 Milliarden US Dollar relativ stabil, ging aber überwiegend an wenige grosse Unternehmen. Die Mehrheit der neu aufgenommenen Mittel wurde zur Refinanzierung bestehender Schulden verwendet.
  • Solide Transaktionsaktivität: Der Wert der Fusionen und Übernahmen mit Beteiligung von Medizintechnik-Unternehmen aus den USA und Europa stieg um 23 Prozent auf 47 Milliarden US Dollar. Dieser Anstieg ist allerdings in erster Linie auf den Mega Deal Life Technologies (15,8 Milliarden US Dollar) zurückzuführen. Ohne diese Transaktion ergibt sich für 2012 ein Rückgang des M&A-Volumens um 19 Prozent auf 31,2 Milliarden US Dollar.

Entwicklung neuer Geschäftsmodelle
„Die immer stärkere Gewichtung des Kosten-Nutzen-Aspekts im Gesundheitswesen stärkt den Einfluss von Patienten und Kostenträgern. Medizintechnik-Unternehmen ist bewusst, dass ihre Geschäftsmodelle diese neuen Anspruchsgruppen berücksichtigen müssen. Das Problem dabei ist: Die Notwendigkeit, verstärkt in die Neuausrichtung von Geschäftsmodellen zu investieren, kollidiert mit der immer ausgeprägteren Mittelknappheit in der Branche“, so Heinrich Christen.

Medizintechnik-Unternehmen experimentieren zunehmend mit Geschäftsmodellen, die auf unterschiedliche Weise die Bedürfnisse der neuen Kunden berücksichtigen sollen:

  • Über die Produktlieferung hinaus: Dienstleistungen und Lösungen für bessere Behandlungsergebnisse oder niedrigere Kosten (z. B. ein 15-Jahresvertrag mit einer Universitätsklinik in den USA über Beratungsleistungen und Techniklösungen).
  • Über die Behandlung hinaus: Vorsorge und Fernüberwachung von Gesundheitsparametern zur effizienteren Verbesserung von Behandlungsergebnissen (z. B. der im letzten Monat erfolgte Erwerb eines Telemedizin-Unternehmens mit dem Kerngeschäft Telemanagement chronischer Krankheiten durch einen grossen Medizingerätehersteller für 200 Millionen US Dollar).
  • Über den Krankenhausaufenthalt hinaus: Unterstützung von Patienten bei der weiteren Genesung zu Hause, ohne häufige und teure Nachuntersuchungen im Krankenhaus (z. B. ein neues Programm eines führenden Medizintechnik-Unternehmens zur Behandlung von Schlafstörungen durch Information und Fürsorge).

Aneignung neuer Fertigkeiten
Um erfolgreich innovative Geschäftsmodelle entwickeln zu können, müssen Unternehmen neue Wege beschreiten:

  • Konzentration auf Kapitaleffizienz zur intelligenten Nutzung knapper Ressourcen.
  • Entwicklung umfassender Analyseverfahren für ein besseres Verständnis des sich wandelnden Gesundheitswesens und seines Umfelds.
  • Förderung von Zusammenarbeit und Teamplayer-Mentalität, um die unterschiedlichsten Stärken zu nutzen.
  • Entwicklung zu Open-Data-Unternehmen, um Daten aus unterschiedlichen Quellen zu sammeln und gemeinsam neue Erkenntnisse zu gewinnen.
  • Erkennen des Zusammenhangs zwischen Krankheit und Wertschöpfung, um „Wertabflüsse“ zu identifizieren und zu vermeiden.
  • Verwendung skalierbarer Prozesse mit geeigneten Parametern für eine nachhaltige Neu- und Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen.

Heinrich Christen fasst die Entwicklungen in der Branche wie folgt zusammen: „Die Medizintechnik-Branche steht sicher vor grossen Herausforderungen, aber es gibt noch immer grosses Wachstumspotenzial."

Download Studie (englisch):  «Pulse of the industry: medical technology report 2013»

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