„Von New Yorker Startup-Initiativen kann man viel lernen“

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Stefan Kyora

05.10.2015
Pascale Vonmont

Pascale Vonmont ist vor kurzem von einem dreimonatigen Sabbatical in New York in die Schweiz zurückgekehrt. Im Interview spricht die stellvertretende Direktorin der Gebert Rüf Stiftung über Ähnlichkeiten zwischen New York und der Schweiz, Trends beim Startup-Support und über das enorme Tempo und die brutale Ehrlichkeit der Amerikaner.

Frau Vonmont, New York gilt im Gegensatz zum Silicon Valley hierzulande nicht als Startup-Hotspot. Entspricht diese Einschätzung noch der aktuellen Situation?
Pascale Vonmont: Nein, überhaupt nicht. In den vergangenen zehn Jahren hat sich sehr viel getan. In einschlägigen Studien gilt New York heute als weltweit zweitwichtigstes Zentrum für Jungunternehmen nach dem Sillicon Valley.

In einem Bericht*, den Sie zusammen mit dem swissnex Outpost in New York verfasst haben, werden auf über 20 Seiten Förderprogramme für Startups und Technologietransfer in New York vorgestellt. Wie wichtig waren diese Initiativen für den Wandel?
Insgesamt sehr wichtig. Wir haben für diesen Bericht rund ein Dutzend, vor allem neuartige und vielversprechende Initiativen angeschaut, auch in Bezug auf ihre Wirksamkeit. Sie reichen von grossen Open Innovation Projekten wie dem neuen Tech Campus auf Roosevelt Island  bis zum New York Venture Fellow Program, das die viel versprechendsten Startups identifiziert und mit verschiedenen anderen Massnahmen dazu beiträgt, diese in New York zu halten. Von den wirksamen Initiativen und ihren Erfolgsrezepten kann man auch für den Schweizer Startup-Support viel lernen.

Lässt sich von New York wirklich lernen? Zum einen hat die Stadt mehr Einwohner als die ganze Schweiz. Zum anderen dürfte ein wichtiger Unterschied sein, dass der Staat in den USA viel aktiver in die Wirtschaft eingreift als es hierzulande der Fall ist.
Es gibt auch Gemeinsamkeiten. New York war zum Beispiel ursprünglich ein Textil- und Produktionsstandort und danach lange von der Finanzindustrie geprägt. Hinzu kommt, dass New York wie die Schweiz über einen grossen Pool von hochqualifizierten Arbeitskräften verfügt. Und nicht zuletzt wird auch in New York die hohe Lebensqualität geschätzt, zu der etwa ein umfangreiches Kulturangebot und ein gut funktionierender öffentlicher Verkehr gehört. Hier hat die Schweiz ähnlich gute Voraussetzungen.

Was zeichnet die erfolgreichen Support-Initiativen konkret aus?
Ein grosses Thema ist die Kooperation und zwar über Sektoren hinaus, gut funktionierende Public-Private-Partnership. Die Zusammenarbeit erhöht natürlich die Wirkung der Programme. Aber es gibt auch spezifische Herausforderungen. So sind Kompromisse nötig, es braucht das richtige Organisationsmodell, gute Governance-Strukturen und eine von Transparenz geprägte Kommunikationskultur bei den Beteiligten.

Wie kann man diese Herausforderungen meistern? Was sind die Erfolgsfaktoren von wirkungsvollen Kooperationen?
Das Thema „Kooperationen“, und hier vor allem sektorübergreifende Kooperationen, war eines meiner Hauptthemen als Visiting Fellow am Foundation Center in New York. Für eine erfolgreiche Kooperation braucht es fünf Grundbedingungen: 1. eine gemeinsame Vision, 2. eine neutrale Organisationsform, 3. ein sogenanntes Backbone, d.h. eine oder mehrere möglichst unabhängige Personen, welche die Kooperation koordinieren, 4. offene Kommunikation, 5. klare Evaluationskriterien.

In den USA gibt es zahlreiche beispielhafte Kooperationsprojekte, so zum Beispiel aus dem ständigen Top-Thema Bildung, ist hier die „Strive Together Collaboration“ zu nennen. Mit einem guten Beispiel vorangegangen ist in der Schweiz die bereits im 2007 als Kooperationsprojekt konzipierte Initative Venture Kick; auch die kürzlich lancierte Kick Foundation orientiert sich an den modernen Kooperationsmodellen.

Solche Zusammenarbeiten setzen auch eine bestimmte Einstellung bei den Beteiligten voraus. Gibt es hier einen Wandel hin zu grösserer Kooperationsbereitschaft?
Ja, absolut. Ein weiteres Thema mit dem ich mich am Foundation Center beschäftigt habe, ist ein gewisser Trend bei Stiftungen, der unter dem Schlagwort „Giving while Living“ zusammengefasst werden kann. Im Gegensatz zu Stiftungen, welche auf Unendlichkeit angelegt sind, wählen solche Stifter das Modell der Verbrauchsstiftung mit dem Ziel, in definierter Zeit konkrete Herausforderungen der heutigen Zeit anzugehen. Das Ziel „Impact Now“ verlangt geradezu nach Kooperationen.

Wie weit sind diese Trends in den USA schon fortgeschritten?
Grundsätzlich gibt es Trends zu mehr Zusammenarbeit und zu solchen „Limited Life Foundations“, die bekannteste ist hier sicher die Bill Gates Foundation. Auch die Gebert Rüf Stiftung hat als eine der wenigen Schweizer Stiftung bereits 2013 auf das Modell der Verbrauchsstiftung umgestellt. In den USA aber beeindruckt, das enorme Tempo, mit dem auf dieser Basis neue Initiativen und Programme vorangetrieben werden. Es wird vieles sehr schnell ausprobiert. Gleichzeitig gibt es eine brutale Ehrlichkeit. Wenn sich eine Initiative nicht bewährt, wird sie schnell wieder gestoppt. Die Vorgehensweise hat mich an die Grundgedanken des Lean Startups erinnert und passt damit gut gerade zum Startup-Support.

*New York City Digital Initiatives - Assessing Impact and Applicability to the Swiss Context. A report prepared by swissnex Boston – New York Outpost for Gebert Rüf Stiftung. (PDF Version zum Download)

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