„Unternehmer verstehen sich trotz Unterschieden über Grenzen hinweg“

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Stefan Kyora

22.12.2016
Jordi Montserrat

Im Dezember gingen in der Schweiz sowohl das AIT Camp mit 40 „Sciencepreneurs“ aus Brasilien, Indien und der Schweiz als auch die „venture leaders South Africa“ über die Bühne. Wir haben Jordi Montserrat, Direktor bei venturelab, nach den Erfahrungen, dem Nutzen und den Unterschieden zwischen den Startup-Systemen der vier Länder gefragt.

Anfang Dezember verbrachten 40 Wissenschaftler mit Startup-Projekten aus der Schweiz, Brasilien und Indien im Rahmen des Academia-Industry-Traing Camp (AIT Camp) eine Woche in der Schweiz. Das Programm ermöglicht Forschern von Schweizer, Brasilianischen und Indischen Universitäten, die Marktfähigkeit ihrer Innovation zu beurteilen und ihre unternehmerischen Fähigkeiten und ihr Netzwerk auf internationaler Ebene zu weiter zu entwickeln. Die AIT Programme sind eine Kollaboration zwischen drei Ministerien für Forschung. Nur kurz darauf verbrachten die venture leaders Südafrika ebenfalls fünf Tage in der Schweiz. Organisiert wurden das AIT Camp und der Aufenthalt der venture leaders in der Schweiz von venturelab

Im Rahmen des AIT Camps kommen Forscher aus der Schweiz, Brasilien und Indien zusammen, um ihre Startup-Projekte weiterzuentwickeln. Warum ist der Austausch zwischen den Forschern dafür wichtig?
Früh ins Ausland zu gehen ist eine einzigartige Chance, die den Unternehmern hilft konkrete Inputs darüber zu erhalten, wie die Kommerzialisierung bei einer Internationalisierung beeinflusst wird. Zusätzlich ergibt sich durch das Eintauchen in ein neues Umfeld mit weiteren ausgewählten Science-preneurs eine neue Dimension, die ausserhalb der Komfortzone liegt und sich mit komplett anderen Rahmenbedingungen befasst.
Diese geteilte Erfahrung mit den Unternehmern aus Brasilien und Indien, zuerst in den jeweiligen Ländern, danach für eine Intensivwoche mit allen 40 Teilnehmenden in der Schweiz ist ein einzigartiges Programm für die Unternehmer und führt zu langfristigen Beziehungen zwischen den Ländern.

Wie werden die Teilnehmenden für die AIT Camps ausgewählt?
In der Schweiz, in Indien und Brasilien präsentieren sich die Teilnehmenden vor einer lokalen Jury, welche die Top 10 Startups für jedes Camp (Schweiz, Brasilien oder Indien) nach den Kriterien der wissenschaftlichen Exzellenz der Kandidaten, des Projektpotentials und dessen Auswirkungen auf das AIT Camp, auswählt.

In der Schweiz sind die verschiedenen venture leaders Programme von venturelab bestens bekannt. Kommen im Rahmen der venture leaders South Africa südafrikanische Startups in die Schweiz, so wie etwa bei den venture leaders USA Schweizer Startups in die USA reisen?
Ja, es ist dasselbe Prinzip. Die Südafrikaner haben das Projekt ins Leben gerufen, nachdem sie in der Schweiz waren - das Programm hat vor 5 Jahren gestartet. Sie haben auch angefangen Trainingsprogramme für Entrepreneurs durchzuführen, worin beispielsweise Grundlagen-Trainings oder Workshops für die Top 20 Bewerber im ganzen Land enthalten sind. Aus diesen 20 werden dann wiederum die Top 10 ausgewählt, die in die Schweiz reisen können. Dies basierend auf dem Potential des Geschäfts, dem Potential des Entrepreneurs, der Technologie und dem Impact. Ausserdem haben die Südafrikaner – genauer gesagt die Technology and Innovation Agency of South Africa, TIA - damit angefangen, Grant Mechanismen, welche durch Venture Kick inspiriert wurden, einzuführen.

Gibt es Unterschiede zwischen den venture leaders Programmen für Schweizer Startups und den venture leaders South Africa?

Die Konzepte sind sich sehr ähnlich, jedoch ist es so, dass die Schweizer Teams, welche in die USA oder nach China fliegen eher in der Finanzmittelbeschaffungs-Phase sind und die Südafrikaner sich im Bereich der Ausbildung und Marktpräsenz bewegen.

Gibt es kulturelle Unterschiede zwischen den Startup Gründern aus den verschiedenen Ländern oder legt das Unternehmertum eine Basis, auf der sich alle sofort verstehen?

Es gibt definitiv verschiedene Perspektiven wie beispielsweise bei der Frühfinanzierung mit Freunden und Familie. Diese sind in Indien sehr verbreitet, in der Schweiz weniger. Häufig sind auch der akademische Rahmen und der Technologietransfer sehr unterschiedlich, sogar innerhalb der Länder, beispielsweise mit unterschiedlichen Unterstützungsleistungen um Forschende bei der Entwicklung von neuen Unternehmen zu unterstützen. Letztendlich verstehen sich Unternehmer aber trotz Unterschieden über Grenzen hinweg. Die unternehmerische Notwendigkeit, eine solide Geschäftsmöglichkeit zu finden, eine Strategie auszuarbeiten und ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen, bringt alle zusammen, und in die Schweiz.

Was sind charakteristische Unterschiede zwischen dem südafrikanischen und Schweizer Startupsystem und zwischen dem Technologietransfer in der Schweiz, Indien und Brasilien?
Der Technologietransfer in Indien, Brasilien und Südafrika ist vermutlich noch in einer früheren Phase als in der Schweiz, weil dort die Strukturen und Prozesse in vielen Institutionen noch entwickelt werden. Es ist jedoch sehr abhängig von der jeweiligen Institution. Beispielsweise sind einige Universitäten, wie in der Schweiz, besser ausgestattet als andere, weil sie vermehrt mit Startups zusammenarbeiten.

Kann die Schweiz auch von den anderen Ländern lernen?
Die Schweiz kann aber viele Erkenntnisse daraus ziehen, wenn sie beobachtet, welche Teile des Technologietransfers in den verschiedenen Ländern angewandt werden. Es ist ein bisschen wie die „Essential Tech“ Philosophie, wo man sieht, wie die Technologie „vereinfacht“, adaptiert oder erfunden wird um unterschiedlichen Bedingungen gerecht zu werden, wobei es dabei hilft, das Ganze aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

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