Swisscom setzt bei Fintech auf Kollaborationen

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Stefan Kyora

05.08.2016
Johannes Hoehener, Swisscom

Der neue Swisscom Fintech-Cluster sucht die Zusammenarbeit mit Startups. Was Jungunternehmen mitbringen müssen und welche Arten der Kooperationen möglich sind, erklärt der Leiter des Clusters Johannes Hoehener.

Vor Kurzem gab die Swisscom bekannt, dass sie ihr Engagement im Fintech-Bereich in einem speziellen Cluster organisatorisch bündeln will. Gleichzeitig kündigte der Schweizer Telecom-Konzern an, dass bei Swisscom Ventures zehn Millionen Franken für Investments in Fintech-Startups bereitstehen würden. „Die Swisscom will nicht ins Bankgeschäft einsteigen, aber am radikalen Wandel der Finanzindustrie teilhaben“, erklärt Hoehener den neuen Schwerpunkt. Die Swisscom sieht sich als Enabler von Funktionalitäten führender Player in der Industrie.

Der Cluster muss nicht erst aufwändig aufgebaut werden, sondern ist bereits aktiv. Der Schnellstart ist möglich, weil die Swisscom in diesem Bereich schon länger tätig ist, etwa mit dem Think Tank e-foresight,  welcher von Johannes  Hoehener vor  vier Jahren  gegründet wurde.

Fünf bis sechs Projekte pro Jahr
Der Cluster will jedes Jahr fünf bis sechs Ideen bis zum Proof of Concept treiben. Dabei werden Kollaborationen eine wichtige Rolle spielen. „Ich kann mir nur wenige neue Services vorstellen, bei denen es nicht sinnvoll wäre, auf Kooperationen zu setzen“, sagt Johannes Hoehener. Der Grund: Die weltweite Fintech-Szene ist so aktiv, dass an fast jeder Idee von irgendeinem Unternehmen bereits gearbeitet wird.

Startups mit Ideen für neue Services sind bei der Swisscom deswegen sehr willkommen. Sie haben allerdings klare Kriterien zu erfüllen. „Wir sind kein Forschungsinstitut“, betont Hoehener. Bei neuen Ideen müsste immer klar sein, welches Problem sie lösen, wie man mit ihnen Geld verdienen kann und was genau für die Swisscom drin liegt.

Wichtigstes Thema: Digitalisierung von KMU
Swisscom FinTech setzt auf vier Themenschwerpunkte:

  • Collaborative Economy (z.B. Crowdfunding und B2B Lending),
  • Access und Identification (z.B. Identitätsmanagement bei digitaler Kontoeröffnung),
  • Finanzanwendungen basierend auf Blockchain  (z.B.  OTC Abwicklung) sowie
  • Digitalisierung von KMUs (z.B. digitale Buchhaltung für KMUs).

Hoehener kommentiert dazu: „Die Digitalisierung von KMU ist für uns das wichtigste Thema.“ Und er kann auch gleich ein Beispiel für eine bereits erfolgreiche umgesetzte Kollaboration zwischen der Swisscom und einem Jungunternehmen geben. Gemeinsam mit Run my Accounts hat man für die Valiant Bank ein Finanzportal für KMU entwickelt. Kernstück ist eine Onlinebuchhaltung, die eng mit dem eBanking von Valiant verbunden ist. Diese in der Schweiz einzigartige Verknüpfung soll Buchhaltung, Belegmanagement und Zahlungsverkehr für KMU deutlich einfacher und effizienter machen.

Verschiedene Formen der Zusammenarbeit
Grundsätzlich können gemeinsame Projekte zu verschiedenen Formen der Zusammenarbeit führen. Möglich ist zum Beispiel, dass Swisscom eine Lizenz erwirbt oder regelmässige Gebühren für die Nutzung eines Produktes zahlt. Möglich ist aber auch ein Investment in das Startup, wobei Hoehener betont, dass die Swisscom nicht als Lead Investor einsteigt. Die im Juni kommunizierten zehn Millionen Franken für Fintech-Investments, geben einen Anhaltspunkt wie viel Geld für solche Beteiligungen bereitsteht.

Lebendige Schweizer Fintech-Szene
Swisscom sucht weltweit nach Fintech-Ideen und hat mit e-foresight und dem Swisscom Outposts eine gute Übersicht über die globalen Aktivitäten. Seiner Meinung nach steht die Schweiz in Sachen Fintech besser da als oft zu lesen ist. Dies hat für ihn zu tun mit der Fitness der hiesigen Finanzindustrie in Sachen Effizienz und Technologie aber auch mit der Grösse, die die Fintech-Szene auch im internationalen Vergleich mittlerweile hat. „Im Verhältnis zur Zahl der Bankangestellten gibt es in der Schweiz sehr viele Mitarbeiter in Startups“, sagt Hoehener.

Jetzt allerdings seien die unterdessen 180 Schweizer Startups gefordert. Hoehener rechnet mit einer deutlichen Bereinigung in der Fintech-Szene. „Die Zeit von nicht nachvollziehbaren Business Cases ist vorbei. Jetzt geht es darum, Fintech pragmatisch auf den Boden zu bringen und aktiv mit den Banken und Zulieferindustrie zusammen zu arbeiten“, ist er überzeugt.

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